Sonntag, 4. Januar 2009

Kasimierz

Dem jüdischen Leben auf der Spur...


...Frische Bejgl und Brezeln an Straßenständen und der Duft von Tscholent, Kigl und „Gefillte Fisch“, dem jüdischen Festtagsessen hängt in der Luft. Dazu singt eine Klarinette ihr Klezmer-Lied aus der Kneipe an der Ecke herüber. Nicht viel weiter eine kleine jüdische Buchhandlung in der neben antiquarischen jiddischen Werken alte Bilder und Holzfiguren, die Juden in ihrer traditionellen Kluft darstellen, einen kleinen Rest vom jüdischen Shtetl wieder aufleben lassen.


Kazimierz wie dieses Stadtviertel Krakaus heißt, ist ein Schaufenster in einer nicht mehr existierenden Welt, die Welt der Shtetl und Ostjuden, die mit ihren Bewohnern im Holcaust unterging. Das renovierte Kazimierz ist eine Stätte der Erinnerung auch für Juden aus aller Welt geworden, die in diesem Krakauer Stadtteil eigene Wurzeln suchen.

Kazimierz - Krakaus jüdisches
Shtetl

Der alte Stadtteil Kazimierz, den König Kasimir der Große 1335 als eigene, polnische Stadt gegen das vom deutschen Patriziat dominierte Krakau gründete, liegt südlich der Krakauer Altstadt. Nachdem 1495 ein Siedlungsverbot für Juden in Krakau erging, entstand in Kazimierz eine der berühmtesten jüdischen Gemeinden Polens, die ihre goldene Zeit im 16. Jahrhundert erlebte.

Vor dem Krieg lebten 6800 Juden in Kazimierz, die von den Nazis 1941 zunächst ins Ghetto PodgorzeSchindlers Emaillefabrik auf der anderen Weichselseite verschleppt wurden und dann fast alle in Auschwitz ermordet wurden. Nur die 1200 Schindlerjuden überlebten, in Podgorze steht noch.
Heute leben in Kazimierz nicht vielmehr als 100 Menschen jüdischen Glaubens in einer Gemeinde, die eine der ältesten und berühmtesten Polens war, aber es gibt noch viele Zeugen jüdischen Lebens in Kazimierz, das meiste um die Hauptstraßen des Viertels, Szeroka und Miodowa herum.

Sieben Synagogen haben die Barbarei überstanden, paradoxer Weise waren sie von den Nazis als „Museen der untergegangenen Rasse“ ausersehen. Eine der beiden noch als Gotteshaus dienenden Synagogen ist die Remuh–Synagoge an der ul. Szeroka, das älteste jüdische Gotteshaus in Kazimierz. Hinter der Synagoge liegt der alte jüdische Friedhof von 1533, dessen Grabsteine den Nazisturm gut versteckt überstanden.

Am Ende der ul. Szeroka steht die Alte Synagoge die um 1500 erbaut wurde und eine der wenigen erhaltenen mittelalterliche Synagogen ist. Sie ist heute Teil des Krakauer Historischen Museums und beherbergt Ausstellungen zu Kultur und Geschichte der Juden. Nur eine Ecke weiter an der ul. Izaaka steht die barocke Isaak–Synagoge.Etwas abseits an der ul Miodowa kann man die prächtig ausgestattete Tempel–Synagoge besichtigen, die als Konzert- und Veranstaltungszentrum dient.

Lange Jahre galt Kazimierz als unheimlich und verrufen, ein düsteres und heruntergekommenes Viertel, das man lieber meidet.

Neues jüdisches Leben in Kazimierz

Vieles ist heute wieder restauriert und saniert in Kazimierz, die immer noch dunkle Straßenbeleuchtung, die enge Gassen in ein schummriges Licht taucht, trägt jetzt zur besonderen Stimmung bei. Vor allem um die ul. Szeroka entstanden Cafes, Restaurants, Pensionen und Hotels, die an die jüdische Vergangenheit anknüpfen und auch wieder jede Menge jüdischer Gerichte anbieten, auch koschere Küche gibt es wieder.




Abends spielen Klezmer – Gruppen in den vielen Cafes wie dem Ariel, oder dem Alef auf und lassen bei Kerzenlicht wenigstens die Musik der ostjüdischen Welt wieder erstehen. Enge verwinkelte Gassen, dunkle kleine Läden, Werkstätten in Höfen im Wechsel mit Klezmer-Kneipen lassen ein Stück von der einstigen jüdischen Kultur dieses Stadtviertel lebendig werden, das regelmäßig stattfindende jüdische Kulturfestival tut ein übriges.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen